Inklusionswoche - Inklusion – eine Selbstverständlichkeit!?

Mittwoch, 17. Mai 2023

Dass die Rede von Herzen kam, verstand das Publikum ohne Übersetzung der Gebärdensprache (die es allerdings auch gab).

Inklusion bedeutet, dass alle dazugehören. Und wie sollte es auch anders sein? Doch wie das oft bei Selbstverständlichkeiten ist – man muss sie durchsetzen, man muss überzeugen. Das sieht die UN-Behindertenrechtskonvention so, das sieht die Bundesregierung so. In unserer Stadt braucht es glücklicherweise nicht ganz so viel Überzeugungsarbeit. Wir haben schon jahrzehntelange Lernerfahrung mit diesem Thema – und heute einen rührigen Beirat für Inklusion. Der hatte die Woche für Inklusion ins Leben gerufen. Ein nachdenklicher Nachbericht.

Unterschleißheim durfte schon früh Erfahrung sammeln, wie es ist, wenn Menschen einfach dazugehören. Inklusion wird in unserer Stadt spätestens seit Gründung des SBZ gelebt. Wir haben unsere Bahnhöfe barrierefrei gestaltet. Wir haben ein Blindenleitsystem installiert. Inklusion ist etwas anderes als Integration. Integration bedeutet, man holt Menschen da ab, wo sie stehen. Inklusion dagegen braucht niemanden abzuholen, weil alle eben schon da sind. Es geht um gleichberechtigte Teilhabe von Anfang an. Das fordert allerdings mehr als die Umgestaltung von Bahnhöfen. Es ist zudem wichtig, alle Bereiche des Lebens so einzurichten, dass der Alltag für alle möglich ist. Dabei ist noch eine Strecke zurückzulegen – auch in Unterschleißheim. Und da man am besten durch Anschauung, durch Beispiele lernt, hat der Beirat für Inklusion die Woche für Inklusion organisiert. Sie ging vom 8. bis 13. Mai 2023. Den Beirat für Inklusion gibt es übrigens erst seit 2020 und er hat ganz groß gestartet. Es ist gleich eine ganze Woche geworden, denn es galt, die vielen Bereiche der Inklusion abzudecken: Der Beirat hat sich die Themen Bildung, Arbeit, Freizeit, Kultur und Sport ausgewählt.

Aus dem Bereich Bildung: Wie Berührungsängste überwunden werden, zeigte der Film „Klassenleben“ im Capitol. Ein Dokumentarfilm von 2005 über die Klasse einer Berliner Grundschule, in der seit Jahrzehnten behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam unterrichtet werden – von hochbegabt bis schwerbehindert. Aus dem Bereich Arbeit: Da gibt es die Schreiner Group, die Inklusion mit einfachen technischen Lösungen wie Untertiteln unterstützt oder LeiterInnen zu Gebärdendolmetschern weiterbildet. Oder das Unternehmen MSD aus Unterschleißheim, das ein eigenes Diversity-Team gegründet hat und die unterschiedlichen Kulturen und Hintergründe der MitarbeiterInnen feiert. Die Pfennigparade am Ort ermöglicht das Wechseln von Menschen mit Behinderung von der Werkstätte in den ersten Arbeitsmarkt.

Aus dem Bereich Kultur gab es das Theaterstück „Ohne Worte“, ein Ergebnis der Kooperation der HPCA-Werkstätten und des Oberstufentheaters des COG. Es zeigt das Furchtbare, das, was vor der Inklusion, das, was vor der Integration stattfand: die Ausgrenzung. Und zwar in ihrer schlimmsten Form, der Euthanasie zwischen 1939 und 1945.

Die Veranstaltungen stellten ein neues Bewusstsein vom Miteinander vor. Und gaben oftmals gleich praktische Lösungen, wie man dieses Miteinander gestalten kann. Und vor allem war die Woche der Inklusion eine Einladung. Eine Einladung zur Teilhabe. Das geht über den Bereich Sport und Freizeit besonders einfach und so hatten alle Sportbegeisterten die gemeinsame Gelegenheit zum Klettern und zum Goalball.

Dass etwas erst auf dem Weg in die Selbstverständlichkeit ist, wurde an den rührenden Momenten deutlich. Nachdem Achim Blage, Behindertenbeirat des Landkreises München, seine Rede in Gebärdensprache am Inklusionsabend mit Theater und Musik beendet hatte, gab es Applaus der besonderen Art: Das gesamte Publikum wedelte spontan mit den Händen – so nämlich drücken Gehörlose Klatschen aus.

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